Ein Juwel - die Villa Goldonkel
Die „Villa Goldonkel“ ist ein denkmalgeschütztes Bauernhaus in Berg. Seit 2009 ist das Gebäude im Besitz der Gemeinde. Zusammen mit dem Heimathaus und der Kirche selbst bildet das Essemble in seiner exponierten Hanglage ein beliebtes Fotomotiv.
Woher kommt der Name „Villa Goldonkel“ ?
Alle alten Anwesen tragen in Pfronten einen Hausnamen. Der älteste Name des Hauses ist „Glaser“ und bezog sich auf einen Bewohner, der dort den Beruf des Glasers ausübte. Um 1900 kam dann der Hausname „Gessele“ auf, für dessen Herkunft es keine plausible Erklärung gibt. Eventuell rührt der Name von der kleinen Gasse her, die am Haus vorbeigeführt hat. Sie war aber so unbedeutend, dass man den Vorschlag nur mühsam nachvollziehen kann. Ein weiterer Hausname, „Jakele“, bezieht sich auf den Vornamen eines Jakob Haf, der um 1865 dort wohnte.
In keiner Hausnamensliste von Pfronten ist aber die Bezeichnung „Villa Goldonkel“ verzeichnet, unter der das Haus heute bekannt ist. „Villa“ ist noch einleuchtend, weil der Hof tatsächlich – im Gegensatz zu vielen anderen alten Bauernhäusern – recht stattlich ist. Aber „Goldonkel“? Manche erzählten, dass dort ein Mann gewohnt habe, der aus dem Krieg einen Sack voll Dukaten mit heim gebracht habe. Eine hübsche Erklärung, die aber jeder Grundlage entbehrt! Man ist eher geneigt, in dem Goldonkel den Xaver Haf zu sehen, der – kinderlos – viel Gutes für den Bau des in der Nähe gelegenen Gesellenhauses (abgebrochen, heute Wohnungen und Geschäfte) getan hat. Der Hausname „Villa Goldonkel“ wird erstmals zu seiner Lebenszeit überliefert
Baugeschichte
Als die Gemeinde das historische Denkmal erworben hatte, gab sie den Auftrag, das Haus bautechnisch zu untersuchen. Das Ergebnis dieser Arbeit wurde 2010 von Anja Säbel als Masterarbeit bei der Universität Bamberg eingereicht und im Jahrbuch der Bayerischen Denkmalpflege veröffentlicht.
Danach hat die Untersuchung der Bausubstanz ergeben, dass auf einem älteren Bauernhaus (Alter Hof) mit einem gemauerten Erdgeschoss später ein deutlich größerer, heute noch weitestgehend unveränderter Ständerbohlenbau (Neuer Hof) aufgesetzt wurde.
Bei dem aufgesetzten Ständerbohlenbau handelt es sich ziemlich sicher um ein ehemals ganz im Norden des Ortsteils Berg stehendes Bauerhaus. Das zeigt auch die alte Hausnummer 192, welche nach dem Umsetzen auf dem Haus blieb. In Berg wurden bei Einführung der Hausnummern die Anwesen von Süden Nr. 173 nach Norden bis zur Nr. 192 durchnummeriert. An der alten Stelle wurde ein, heute längst aufgelassener Steinbruch ausgebeutet, was die Verlegung des Hauses notwendig machte. Erst Jahrzehnte später wurde die Durchgangsstraße auf die heutige Trasse verlegt.
Alter Hof
Das alte Bauernhaus ist noch heute im Sockelgeschoss des heutigen Gebäudes vorhanden und ablesbar. Dieser Kernbereich besteht aus einer südöstlich gelegenen Wohnstube, einer anschließenden Flurküche und zwei nördlich im Hang gelegenen Kammern. Der Grundriss bildet den sog. Typus des Flurküchenhauses aus. Die Wohnfunktion ist durch eine noch vorhandene Feuerstelle in der Küche und einem Ofenfundament, wie auch einer Kienleuchte in der Stube definiert. An den Wohnteil ist ein in Teilen erhaltener Wirtschaftstrakt (Stall, Tenne) angeschlossen. Die Decke des alten Kerns wurde dendrochronologisch auf das Jahr 1643 datiert, wobei die massiven Wände durchaus noch älter sein können. Eine Besonderheit der Stube ist die mit einfachen Stuckformen abgesetzte Decke, die wohl in einer Umbauphase des 18. Jh. entstanden ist und hier eine zeittypische "Weiße Stube" ausbildet. Der alte Kern wurde mit dem heutigen Gebäude überbaut und ist von Außen nur noch im Sockelbereich an der nordöstlichen Giebelseite ablesbar.
Unteres Geschoß mit dem ältesten Teil des Hauses (farbige Teile), auf den später der neue Hof aufgesetzt wurde. Zeichnung: Anja Säbel
Küche im Alten Hof (Sockelgeschoss)
Stube im Alten Hof (Sockelgeschoss)
Raum im Alten Hof (Sockelgeschoss)
Neuer Hof
Das heutige Hauptgebäude ist eines der letzten erhaltenen noch unverputzten Ständerbohlenbauten in dieser Region und ist inschriftlich auf das Jahr 1793 datiert. Bei diesem Einfirsthof handelt es sich um ein sog. Mitterstallhaus. Die Erschließung erfolgt giebelseitig über einen sehr breiten Hausgang, der bis zum quer liegenden Stallteil in der Mitte des Gebäudes verläuft. An den Hausgang schließen südlich hintereinander Stube, Küche und Gaden an, nördlich eine Kammer und ein Wirtschaftsraum mit Zugang zur seitlichen Remise. Neben dem Stall befinden sich Tenne und Scheune. Der Grundriss ist, von kleineren Umbauten abgesehen, in seiner Systematik original erhalten. Besonderheiten des Innenraumes sind die homogene und ablesbare Holzkonstruktion und die Ausstattung im Bereich der Türen und Beschläge aus unterschiedlichen Zeitstellungen.
Gesamtansicht, nachdem der "Neue Hof" auf den "Alten Hof" aufgesetzt wurde
Stube im Neuen Hof (Erdgeschoss)
Stall im Neuen Hof (Erdgeschoss)
Küche im Neuen Hof (1. Geschoß)
Raum im Neuen Hof (1. Geschoß)
Eines der alten Türschlösser
Viele freiwillige Helfer sind für die Erhaltung der Villa und der Gestaltung der Aussenanlagen notwendig
Die "Villa" im Wandel der Zeit
Die Villa als Fremdenpension
Die Tenne als Veranstaltungsort für Berger Faschingsbälle im Februar 1966
Bilder und Texte Heimatverein Pfronten