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Hier stand bis 1990 das ehemalige Spital von Pfronten

 

Es war eine Sozialstation, in der kranke Pilger versorgt und alte Leute gepflegt wurden. 1473 gestiftet, befand sich das Haus ursprünglich in Pfronten-Ried, in hoch-wassergefährdetem Gebiet. Durch die Stiftung von zwei frommen Frauen konnte später hier, an diesem Platz, ein Holzhaus als Ständerbohlenbau errichtet werden. Im 19. Jahrhundert verlor die Einrichtung langsam den Stifterwillen und sank zum Armenhaus herab. Die Gemeinde besorgte nur noch die notwendigsten Reparaturen, so dass das Gebäude zum Schandfleck im Ortsbild wurde. Nach langen Bemühungen gelang es engagierten Pfrontener das Haus vor dem Abbruch zu retten.

 

Geschichte des Spitals, im Volksmund später

auch Armenhaus genannt

 

1473         Stiftung einer Herberge für durchziehende Fremde durch die

                 Bewohner von Pfronten-Ried. Das Haus, Elendenherberge oder

                 Seelhaus genannt, stand ursprünglich im hochwasserge-

                 fährdetem Gebiet auf der linken Vils-Seite

 

16. Jh.       Verlegung des Hauses auf das andere Vilsufer in die Nähe des

                 Gasthofs Adler und der St. Leonhards-Kapelle. Die Stiftung wird

                 durch einen sog. Spitalpfleger verwaltet, der zeitweise hier auch

                 wohnt.

 

17./18. Jh. Die Stiftungsgelder bleiben so gering, dass sich das Spital nicht

                 selbst tragen kann. Notwendige Reparaturen bezahlt die Pfarr-

                 gemeinde Pfronten. 1703 wird eine neue Haustüre eingesetzt

                 (Jahreszahl im Türstock).

                 Der Spitaler ist bisweilen auch Wegmacher, Totengräber,

                 Gemeinde­diener oder Ortsgendarm.

 

bis 1803    Besitz der Pfarrgemeinde Pfronten.

 

ab 1803     Das Haus, nun im Besitz der politischen Gemeinde, wird von ihr

                  als Armenhaus genutzt und verkommt zusehends.

 

1945          Im Armenhaus werden Flüchtlinge und sozial Schwache

                  unterge­bracht.

 

ab 1977     Das unansehnliche Gebäude soll abgerissen werden. Denkmal­-

                  schützer fordern den Erhalt des historischen Ständerbaues.

 

1982          Bei einer Bürgerversammlung stimmt eine Zweidrittelmehrheit

                  gegen die Sanierung und damit für den Abbruch.

 

nach        Der Heimatverein mit seinem damaligen Vorsitzenden Pius Lotter

1982        sowie mehrere Vereine engagierten sich für den Erhalt des

               Hauses. Die Erfolgsaussichen schienen aber aussichtslos. Erst als

               Philipp Trenkle und seine Mitarbeiter den Verputz auf der Ost-

               und Südseite abgeschlagen hatten und ein eindrucksvoller und

               uralter Ständerbohlenbau  zum Vorschein kam, drehte sich die

               Stimmung zugunsten des Erhalts.

        

               Der Zimmermeister Vincent Bachmann aus Schleching hatte

               schon Erfahrung mit Transferrierung von alten Holzhäusern.

               Seine Stellungnahme führte dazu, daß das Denkmalamt von

               seiner Position abrückte, nach der eine Sanierung nur bezuschußt

               werden kann, wenn das Gebäude an seiner ursprünglichen Stelle

               bleibt. Somit konnte eine  Versetzung des Gebäudes in Betracht

               gezogen werden. Der neue  Standort wurde durch die Verhand-

               lungen des damaligen Bürgermeisters Franz Berktold mit dem

               Eigentümerpaar Blum vom „Kreuzbräu-Stüble“ möglich.

 

Ab 1990   Nach Plänen von Architekt Walter Böck ließ die Gemeinde Pfronten

               alle Teile des Hauses durch die Firma Bach abtragen und auf dem

               durch eine Betonschale verstärkten Ziegelgewölbe des ehemaligen

               Bierkellers der Kreuzwirtschaft wiederaufrichten. Teile, die nicht

               mehr repariert werden konnten, wurden von den Zimmerern

               fachgerecht ergänzt. Bis auf die Tür zwischen Küche und Gaden

               stammen alle Türen im Hausinneren aus dem Umbau des alten

               Pfarrhofs in Pfronten-Berg. Der schwarze achelofen kommt aus

               dem Haus Nr. 202 (Kusse) in Pfronten-Ried. Vom Abbruch des

               Mesnerhauses Nr. 180 in Berg konnten Fußboden und Eckbank in

               der Stube Wiederverwendung finden. Nach dem letzten Original

               fertigte die Schreinerei Schneider die Sprossenfenster und

               Fensterläden an, die Beschläge wurden von der Schlosserei

               Trenkle geschmiedet oder ergänzt. Eine alte Stubendecke und die

               feuerhemmenden Eichentüren im Keller baute die Firma Rottach

               ein. Die Treppen mit ihren Geländern schreinerte die Firma Abröll.

               Eine Besonderheit ist die dunkle Balkendecke in der heutigen

               Küche, sie kam nach dem Täferausbau im Haus Nr. 175 (Lipple),

               Pfronten-Berg, zum Vorschein. Die vom Heimatverein ausgebaute

               Täferung in der Stube überlebte die Einlagerung im damals noch

               bewohnten Armenhaus allerdings nicht, sie wurde in den Öfen

               verheizt…

               Eine Besonderheit stellt das schmale  Fenster mit Blick zur

               Haustür dar, so konnte der Spitaler die Ankommenden in

               Augenschein nehmen. Das gesamte Haus ist deshalb im Wohnteil

               breiter gebaut - in Pfronten sonst nicht üblich.

 

 1995        Übergabe des an die Öffentlichkeit.    

                  

               Aus dem „Armenhaus“ ist nun ein „Heimathaus“ geworden.

                  Die Gemeindebücherei findet dort eine neue Heimat, ebenso

                   die heimatkundliche Sammlung der Gemeinde Pfronten. In der

                   stimmungsvollen Stube im Erdgeschoss finden heute standes-

                   amtliche Trauungen statt. Der Eiskeller wurde saniert, bekam 

                   eine Lüftung, Fußbodenheizung, WC-Anlagen sowie einen

                   Nebenraum und wird heute für kulturelle Veranstaltungen

                   genutzt. Für die Fahnen der Vereine wurde ein Raum mit

                   eigenem Eingang von Süden her geschaffen.

 

                   Zusammen mit der Villa Goldonkel und St. Nikolaus dürfte es

                   heute das meistfotographierte Motiv von Pfronten sein.

 

 

 

 

Das ehemalige Armenhaus am alten Standort

 

(von Nordwest, Foto: Erwin Reiter)  

(von Südost nach der Freilegung 1979, Foto: Heimatverein)

 

Das neue Heimathaus mit Villa Goldonkel und Pfarrkirche

 

 

Der neue Standort des Armenhauses in Pfronten-Berg (Ansicht des neuen Standortes vor der Versetzung)

 

Rechts im Bild die Villa Goldonkel, links unten der alte Bierkeller, auf dessen Gewölbe das Haus gesetzt wurde.

(Foto: Julian Knacker, Heimatverein Pfronten) 

 

Was ist ein Ständerbohlenbau ?

 

Armenhaus nach dem Abschlagen des Verputzes, es kam ein perfekter Ständerbohlen- bau zum Vorschein.

 

 

 

 

 

 

 

 

Der Ständerbohlenbau oder Bohlenständerbau ist eine seit dem 15. Jahrhundert im süddeutschen Raum und in der Schweiz weit verbreitete Holzbauweise. Es handelt sich dabei um einen Vorläufer des oberdeutschen Fachwerks.

Ständerbohlenbauweise ist auch im Haus- und Kirchenbau skanidnavischer und baltischer Länder weit verbreitet und wird dort häufig Stabbau genannt.

 

 

Konstruktionsschema der Ständerbohlenwand

 

Bei dieser Bauweise werden senkrechte Ständer  in weitem Abstand auf einer Schwelle eingezapft. Zwischen den Ständern werden senkrecht nebeneinander- oder waagerecht übereinandergeschichtete, armdicke Bohlen eingefügt und durch Nuten oder Falze gesichert. Nach oben werden Ständer und Bohlen mit einem (oftmals verdoppelten) Rahmholz (Rähm) abgeschlossen. Schräge, eingeblattete Bänder oder Schwerter verbessern die Steifigkeit der Wand. Sind die eingefügten Bohlen ebenso stark wie die Ständer, spricht man auch von einem ausgeblocktem Ständerbau.

Die Ständer können mehrere Stockwerke umfassen. Deshalb trat die Bauweise auch bei Kirchen, Schulen, Herrschaftshäusern und Vierseithöfen auf. Bei fachkundiger Ausführung und passender Dachkonstruktion sind Ständerbohlen-Gebäude sehr stabil und haltbar, viele sind bis heute erhalten.

In der Schweiz ist diese Bauweise auch unter dem Namen Fleckbau bekannt. Die einzelnen Flecken sind die horizontal zwischen den Ständern eingenuteten Bohlen. (Quelle: Beitrag Ständerbohlenbau in wikipedia)