Mesnerweg
Der Mesnerweg verdankt seinen Namen zwei Besonderheiten. Erstens stand dort viele Jahrhunderte das „Mesnerhaus“ von St. Nikolaus (alte Nr. 180, heute Mesnerweg 2). Im Jahr 1692 wurde es an dieser Stelle errichtet, da sein Vorgängerbau, der wohl neben der Pfarrkirche stand, deren Neubau weichen musste. Dieses Mesnerhaus wurde erst in neuerer Zeit abgebrochen und durch ein neues Wohnhaus ersetzt.
Zweitens wohnten dort mehrere Generationen der Pfrontener Künstlerfamilie Hitzelberger. Neben ihren Tätigkeiten als Maler und Bildhauer, übten sie fast durchgehend auch das Mesneramt bei St. Nikolaus aus. Nur zweimal wurde das Mesneramt von anderen Personen ausgeübt, nämlich von Michael Suiter und von Johann Gantner. Diese waren aber mit „Hitzelbergertöchtern“ verheiratet und übten das Amt eher übergangsweise aus, bis der nächste „Hitzelberger“-Mesner wieder verfügbar war. Diese Jahrhunderte alte Familientradition erlosch erst in jüngster Zeit.
Es gibt zwei Erklärungen, warum die Hitzelberger das Mesneramt in Pfronten über viele Generationen innehatten. Ein Erklärung ist laut Volksmeinung die, dass die Familie Hitzelberger sich in der Pestzeit (um 1636) besonders um die Kranken und Toten in Pfronten gekümmert hat. Da es aus diese Zeit aber keine schriftlichen Aufzeichnungen gibt, ist das nicht zu beweisen.
Der andere Grund für diese Familientradition könnte einfach der sein, dass das Anwesen wenigstens bis 1828 Widdumgut war und daher zum Besitz der Pfarrkirche gehörte. Die Hitzelberger waren also bis dahin im Grunde genommen nur Pächter, denen die Nutzung des Anwesens gegen ihren Mesnerdienst verliehen war. Im Jahr 1839 und in den Jahren 1863 bis 1867 zahlten die Hitzelberger die Gemeindesteuern wie jeder andere Pfrontener. Danach war es aber wieder das "Mesnerhaus", aus dem keine Steuern abgeführt wurden. In Pfronten war es auch nicht unüblich, dass kunstschaffende auch andere Tätigkeiten ausführten, sozusagen als finanzielle „Grundsicherung“.
Die Reihe der Mesner aus der Familie Hitzelberger begann dann ab 1633 mit Leonhard Hitzelberger. Sein Nachfolger im Mesneramt wird dann sein Sohn Georg. . Beide lebten in Berg 174.
Johann Hitzelberger, der Sohn von Georg, bewohnte dann mit Sicherheit das Mesnerhaus. Er war auch der Meinung, dass ihm das Haus gehörte und so verkaufte er es 1735 dem Franz Heel aus Ried. Allerdings wurde ihm seitens der Pfarrgemeinde schnell klar gemacht, dass ihm das Haus nicht gehört, sondern nur an ihn verpachtet war. Der Verkauf wurde daher rückgängig gemacht. Darüber wohl sehr verärgert übergab er das Mesneramt fünf Tage später an seinen Schwiegersohn Michael Suiter, der dann ab 1735 das Mesneramt übernahm. Suiter wohnte mit seiner Frau Anna Maria. geb. Hitzelberger dann auch im Mesnerhaus. Johann Hitzelbergers Sohn Maximilian, seine eigentlicher Nachfolger als Mesner, weilte damals in der Ferne. Erst nach seiner Rückkehr 1743 übernahm Maximilian das Mesneramt und -haus von Michael Suiter und setzte damit die Familientradition fort.
Maximilian Hitzelberger war auch ein sehr gefragter Bildhauer. Seine Bildhauerlehre absolvierte er beim Augsburger Meister Christoph Brammer. Danach ging er auf Wanderschaft und als er 1735 eigentlich das Mesneramt übernehmen sollte, stand in einem Protokoll, dass er noch in der Fremde weilt, man aber nicht weiß wo.
Maximilians Nachfolger als Mesner wurde sein Sohn Johann Sigmund Hitzelberger. Auch er war ein gefragter Bildhauer. Seine Lehrzeit absolvierte er wahrscheinlich bei seinem Vater. Im Jahr 1769 trat er in die Bildhauerklasse in der Akademie in Wien ein. Daneben bildete er sich in Wien auch noch beim Hofbildhauer Anton Tabotta weiter. Zu seinen Fähigkeiten heißt es in der Literatur: Seinen Vater übertraf er zwar nicht an Können, wohl aber an Ansehen.
Dessen Sohn (Franz) Xaver Hitzelberger übernahm dann 1819 das Widdumgut und das Mesneramt. Auch er war Bildhauer und fertigte hauptsächlich Kruzifixe an.
Liborius Scholz berichtet, dass das Mesnerhaus am 26. September 1832, während seiner Amtszeit niedergebrannt sei, wobei Modelle und Pläne vom Pfarrkirchen- und Turmneubau vernichtet worden seien. Danach sei der Plan gewesen, von Andreas Mayr in Berg 183 dessen Anwesen als neues Mesnerhaus zu erwerben. Der Kauf sei aber nicht zu Stande gekommen und deshalb errichtete der Maurermeister Ludwig Zweng von Kreuzegg ein neues Mesnerhaus an alter Stelle.
Ihm folgte sein Sohn Johann Martin Hitzelberger, der 1863 das Mesneramt und -haus übernahm. Im Jahr 1868 erwarb dieser dann in Berg das Bauernhaus Nr. 185 (heute Kirchsteige 12). Er übersiedelte dorthin und gab das Mesneramt auf.
Sein Nachfolger im Amt war Johann Gantner, der mit Theresia , einer Tochter von
Xaver Hitzelberger, verheiratet war. Vor 1900 übernahm dann ein Neffe von Johann Martin, nämlich Joseph Anton Hitzelberger, der Sohn des Schreiners Sigmund Hitzelberger den Dienst in der Kirche. Sein Sohn Gottlieb Hitzelberger war dann der letzte Hitzelberger, der im Mesnerhaus wohnte und das Mesneramt innehatte.
Bereits in den 1950er Jahren zog sich Gottlieb aus gesundheitlichen Gründen mehr und mehr aus dem Mesneramt zurück, das ab der Zeit vom ältesten Sohn Hans übernommen wurde. Auch er war im Hauptberuf Bildhauer und Holzschnitzer.
Nach seinem Tod 1995 führte die Schwester Rosemarie das Amt weiter. Mit ihr erlosch nach fast 400 Jahren diese Tradition.
Pfronten-Berg: Links Kirchsteige – rechts Mesnerweg (rechts am Rand schaut das alte Mesnerhaus heraus) (Foto: Heimatverein Pfronten)
Pfronten-Berg: Das alte Mesnerhaus vor dem Abbruch (Foto: Thomas Kögel: Mesnerhaus )
Pfronten-Berg: Das alte Mesnerhaus fast abgebrochen (Foto: Thomas Kögel: Mesnerhaus )
(Quellen: „Pfrontener Kirchen und Kapellen und ihre Pfarrer“, Herausgeber Heimatverein Pfronten, 2002; Hausgeschichte von Berg Nr. 180, neu bearbeitet von Bertold Pölcher und Wolfgang Suiter; Aufzeichnungen von Liborius Scholz, Johannes Hitzelberger)