Malerweg
Etwas abseits der lauten Bundesstraße zweigt in Weißbach vom Röfleuter Weg in nördlicher Richtung ein kleines Sträßlein ab, das ein eher beschauliches Dasein führt. Wegen der Anwesen zu beiden
Seiten, die noch heute den Charakter von ehemaligen Bauernhöfen tragen, könnte man den Weg durchaus als "malerisch" bezeichnen. Aber mit diesem Wort hat der Malerweg überhaupt nichts zu tun.
Er wurde seinerzeit nach dem Hausnamen der alten Hausnummer 73 (Malerweg 2) benannt. Dort hieß man es "beim Maler" und gemeint war damit Alois Keller. Der hatte hier aber kein Malergeschäft, sondern
war einer von fünf studierten Kunstmalern aus der Familie Keller.
Die ursprüngliche Heimat dieser Künstler lag in Kappel, wo Narziss Keller (1711 - 1781) im Anwesen Nr. 14 (Sängerweg 3) eine Landwirtschaft betrieb. Sie war mit Feldern ordentlich ausgestattet und der Besitzer konnte davon einen Haushalt mit sechs Personen versorgen, sich, seine Frau und vier Kinder, darunter ein Sohn Joseph, der sehr früh großes Talent zum Zeichnen zeigte.
Joseph Keller (1740 - 1823) erlernte sein Handwerk von der Pike auf, vielleicht sogar beim großen Pfrontener Bildhauer Peter Heel. Ab 1767 ist Keller an der berühmten Kunstakademie in Wien
nachzuweisen. Danach freskierte er in verschiedenen Allgäuer Kirchen, offenbar mit großem Erfolg, weil er ab 1785 bis in die Schweiz und ins benachbarte Österreich zur künstlerischen Ausgestaltung
von Gotteshäusern gerufen wurde.
Im Jahr 1774 heiratete Joseph Keller die Anastasia Klöck von Ried und konnte 1782 von seiner Schwiegermutter die Hausnummer 208 (Am Angerbach 6) erwerben. Hier entwarf der „fürstbischöfliche
Hofmaler“ - so durfte sich Keller jetzt bezeichnen – viele seiner Arbeiten und trank dabei auch manches Glas Bier. Das können wir einem Amtsprotokoll entnehmen, wonach Keller dem Engelwirt in Berg
gleich 60 Maß abgenommen hat.
Hier im Ried zog Keller auch neun Kinder groß, von denen zwei ebenfalls die Berufung zum Kunstmaler hatten. Der ältere Sohn Anton Keller (1775 - ?) wanderte nach seiner Ausbildung in Wien weiter nach
Kroatien und betätigte sich dort mit Erfolg vor allem als Portraitmaler. Sein jüngerer Bruder Alois Keller (1788 – 1866) kehrte im Anschluss an sein Studium in Wien nach Pfronten zurück und ehelichte
die Thekla Stick. Nachdem das elterliche Anwesen der Bruder Joseph (Bernhard) bekommen hatte, kaufte Alois 1821 eine Ökonomie in Weißbach. Es ist das heutige Anwesen Malerweg 2. Damals gehörten zu
dem Hof fünf Äcker und eine Wiese in der „Reüthe“.
Künstlerisch hatte Alois Keller ein Problem. Von seinem Vater, der ihm sicherlich die Grundlagen der Mal- und Zeichenkunst gezeigt hatte, war er noch ganz von dessen Stil, dem ausgehenden Barock, beeinflusst. In Wien aber hatte man ihm eine neue Kunstrichtung, den Klassizismus, gelehrt. So wurde aus Alois ein Maler, der einerseits dem herkömmlichen Malstil verhaftet war, sich aber andererseits der neuen, „modernen“ Kunstrichtung zuwenden musste, nicht zuletzt um Aufträge zu bekommen. Dieser Spagat ist Alois Keller geglückt. Wie der Vater durfte er Kirchen in Schwaben, Tirol und der Schweiz freskieren.
den sieben Kindern des Alois Keller haben wieder zwei Buben eine künstlerische Laufbahn eingeschlagen. Friedrich Keller (1821 - ?) erlernte an der Königlichen Akademie der Bildenden Künste in
München das Fach Historienmalerei. Weil es aber damals wegen der vielen Künstler in der bayerischen Hauptstadt schwierig war, sein Auskommen zu finden, wanderte er nach Amerika aus, wo sich seine
Spur verliert. Aus dem gleichen Grund lebte auch sein Bruder Karl Keller (1823 – 1904) in München in eher bescheidenen Verhältnisssen. Zwar gelang es ihm, Aufträge für die Freskierung einiger
Kirchen, vor allem in Schwaben, zu bekommen, aber davon wurde er nicht reich. Als Karl Keller starb, hat der Münchner Kunstverein die Begräbniskosten übernommen.
Es ist hier nicht der Platz, das Werk der Keller-Künster zu würdigen. Wer darüber mehr in Erfahrung bringen will, der sei auf das Buch "Herbst des Barock" verwiesen. Es ist 1998 zu den
Keller-Ausstellungen in Füssen und Zug (Schweiz) erschienen und war die Grundlage für diesen Aufsatz.
Die Maler aus der Familie Keller sind übrigens nicht sie einzigen Künstler, die Pfronten hervorgebracht hat. Auch die Bösinger, die Driendl, Geisenhof, Heel, Osterried, Scheitler und Stapf, zusammen
über 40 Maler, haben unseren Ort so bekannt gemacht, dass hier schon von einem angesehenen, regionalen künstlerischen Zentrum gesprochen wurde.
Glückliches Pfronten!
Bertold Pölcher (Pfronten Mosaik, Heft 40, 2006)
Bilder aus: Andreas Tacke (Hg.), Herbst des Barock, die Malerfamilie Keller, 1998